Eine Veranstaltung aus Anlass des Jubiläumsjahres "80 Jahre Kriegsende"!
Von der 1904 entstandenen Idee einer Volkslied-Gesamtausgabe der gesamten Monarchie war dem "Anschluss" an Hitlerdeutschland nichts mehr übrig. Während der Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes war das Archiv des nunmehrigen Gauausschusses für das Volkslied in Salzburg zum Notenlieferanten für eine nationalsozialistisch gesteuerte Volkslied- und Volksmusikpflege verkommen. Die Reste des Archivs wären nach dem Zweiten Weltkrieg wohl Makulatur geworden, hätte sich nicht der Komponist und Orff-Mitarbeiter Wilhelm Keller (1920–2008) ihrer angekommen. Ausgerechnet der als Sanitäter schwer kriegsversehrte und vormals als „Halbjude“ verfolgte Keller suchte Zugang zu einem musikalischen Genre, das gerade in Salzburg von den Nazis missbraucht worden war wie kein anderes. Warum er das tat, beantwortet er selbst auf die einfachste, aber schlüssigste Weise:
„Ich bin kein Volksmusik-Missionar, sondern erlaube mir, sie zu lieben.“
Nach der Begrüßung durch Referatsleiterin Lucia Luidold beleuchteten vier Referenten die Geschichte rund um die faszinierende Persönlichkeit Wilhelm Keller aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Hieronymus Bitschnau gab einen Überblick über die Salzburger Volkskultur und ihren Übergang in die Zweite Republik, Karl Müller sprach über Leben und Werk Kellers und Wolfgang Dreier-Andres skizzierte die Rettung des Archivs sowie Kellers Arbeiten zu Bestandsaufbau und Erschließung. Josef Radauer schließlich gab am Beispiel der "Wölfe-Kantate" Einblicke in die Werke Kellers für das Salzburger Adventsingen. Gewürdigt wurde der Archivar, der Komponist, der Bearbeiter, aber auch der Pazifist, Vordenker und inklusive Musikpädagoge.
Ein kleiner, aber interessierter Kreis an Zuhörerinnen und Zuhörern hat alle Einblicke dankbar aufgenommen und zeigte sich tief bewegt nicht zuletzt durch die von Karl Müller zitierten Gedichte Wilhelm Kellers, sondern auch durch die angespielten Ausschnitte der Uraufführung seines Werkes Zwischen Rosen und Raketen 1988 mit Sohn Florian Keller (Bariton) und dem Komponisten am Klavier. Sehr positiv aufgenommen wurde auch die begleitende Ausstellung "Wer kennt Wilhelm Keller" im Foyer des Hauses der Volkskulturen, in der neben Aquarellen von Wilhelm Keller auch ausgewählte Autographe, Archivalien, Schriften und Musikalien zu sehen waren. Besonders freute es uns, dass mit Wilhelm Kellers Tochter Judith auch eine Vertreterin der Familie Keller anwesend war.
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