Das Symposion fand am 18. Juni 2005 im Saal der Salzburger Volkskultur statt. Vier Referenten beschäftigten sich mit dem Thema der "böhmischen Einflüsse in der Salzburger Volksmusik" aus unterschiedlichen Blickwinkeln:
‚Interkulturalität‘ – nach Duden „die Beziehungen zwischen den verschiedenen Kulturen betreffend“ – als historischer Impuls der Volksmusik ist bisher kaum diskutiert worden. Galt doch gerade Volksmusik als Prototyp des Regionalen, des Kleinräumigen, des Eigenständigen. Aber Salzburg lag bereits zur Römerzeit, seit dem Mittelalter kontinuierlich an einem bedeutenden Handelsweg von Nord nach Süd.
Die Voraussetzungen für kulturelle Wechselwirkung waren demnach gegeben, wobei der Stadt Linz als weiterem Umschlagplatz eine wesentliche Rolle zufiel. Denn Linz war sowohl für die über Salzach, Inn und Donau auf dem Wasserweg als auch für die über Straßwalchen auf dem Landweg transportierten Güter (vor allem Salz und Wein) die zentrale Station auf der Route nach Niederösterreich und Böhmen.
Andererseits hemmten Grenzen diesen Weg, auch in kultureller Hinsicht. Selten ergab sich daher ‚Migration‘, jene ungesteuerte Wanderung von Bevölkerungsgruppen, die für einen volksmusikalischen Transfer so bedeutsam ist. Doch um die Wende in das 20. Jahrhundert veränderten soziale und ökonomische Faktoren die Situation. Gleich anderen böhmischen gelangten einige Musikanten nach Salzburg und schlossen sich rund um den charismatischen Adolf Pokorny zur „Pongauer Bauernkapelle“ zusammen.
Doch der ‚böhmische Musikant‘ ist um 1900 nicht nur eine spezifische Person, ein aus Böhmen stammender Musikant, sondern auch ein Typus, ein Musikant, dessen Spiel bestimmte stilistische Merkmale aufweist. Zwischen ‚deutsch‘, ‚böhmisch‘, ‚alpenländisch‘ und ‚salzburgisch‘ galt es folglich das Wirken der Pokorny-Kapelle subtil zu gewichten – einer Tanzpartie, die während der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts außergewöhnlich beliebt war und überregional Erfolge verbuchte.
(Text: Thomas Hochradner)