Von der Melodie und ihren Schwestern

Beim Singen geht’s oft „drunter und drüber“!

Alpenländische Volkslieder begegnen uns heutzutage in einfacher, den Gesetzmäßigkeiten des klassischen Tonsatzes angepasster Gestalt, bei Zweistimmigkeit in Terzen oder Sexten, viel häufiger jedoch in enger Dreistimmigkeit oder im vierstimmigen Chorsatz. Geübte Sänger singen quasi automatisch die „richtige“ 2. und 3. Stimme sowie den funktional „richtigen“ Bass zu beliebigen volksliedhaften Melodien. 

War das immer so? Gibt es Alternativen, fragt man sich, wenn man damit befasst ist, alte Lieder aufzuspüren und für die heutige Zeit verwendbar zu machen, oder wenn man Volkslieder in übergeordnete musikalische Formen wie etwa Kantaten einzubinden versucht.

Interessant und aufschlussreich ist dabei der Blick in die „Kirchensängertradition“ des 19. Jahrhunderts anhand der „Lacknerhandschrift“ oder des „Großarler Ölbergsingens“, ebenso die von der strengen Tonsatzlehre abweichende Behandlung der Dreistimmigkeit für die Salzburger Adventsingkantaten durch Prof. Wilhelm Keller.

Ein kleines Plädoyer für die Kreativität.

Josef Radauer

... ist ein Musiker, der schon seit einiger Zeit ein „Seil“ zwischen ernster und unterhaltender Musik zu spannen versucht. Als gelernter Hackbrettspieler und mit seinen Wurzeln in der alpenländischen Volksmusik, als Tanzl- und Blasmusikant mit Posaune, Tenorhorn oder Tuba, fühlt er sich dennoch auch in den großen Konzertsälen der Welt mit seinem Stammorchester Camerata Salzburg und seinem Kontrabass nicht unwohl.
Immer mehr wird daneben das Arbeiten an Programmkonzepten zu einem zentralen Thema.
Stationen: 1963 in Salzburg geboren, Studien bei Alfred Bürgschwendtner, Alois Posch und Klaus Stoll an der Universität Mozarteum Salzburg, Konzertdiplom mit Auszeichnung, Kapellmeister der Trachtenmusikkapelle Aigen (1985–2004), Leiter des Tobi Reiser Ensembles (seit 2000), Leiter und Autor des Salzburger Passionssingens und des Tobi Reiser Adventsingens bzw. Salzburger Hirtenadvents.